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Proto-Journey

Eine "Journey" beschreibt den Weg, den Kunden oder Nutzende durchlaufen, wenn sie mit einem Produkt oder einem Service interagieren. Eine Journey hilft uns, den gesamten Erfahrungsprozess aus der Perspektive der Nutzenden zu verstehen: Wir beschreiben ihre Ziele, Bedürfnisse und Schmerzpunkte.

Format:
Workshop
Teilnehmer:
UX Mitarbeiter, Projektleitung, Product Owner
Dauer:
1-4 Stunden

Arbeitsmodus

Workshop

Voraussetzung

Ziel und Rahmenbedingungen des Projektes definiert

Teilnehmende

Kernteam aus Product Owner, Fachspezialist, UX Designer, Entwicklungsleiter

Dauer

0.5 - 1 Tag

Stellen wir uns eine Anwendung für die Erfassung von Arbeitszeiten von Mitarbeitenden in einem Dienstleistungsunternehmen vor. Diese soll verbessert werden. Eine Journey beschreibt, wie die Mitarbeitenden ihre Zeiten erfassen und sich dabei abstimmen, was ihnen wichtig ist und welche Schwierigkeiten sie dabei haben.

Der Umfang und Detaillierungsgrad einer Journey hängen vom Projektziel ab. Eine Journey kann sich auf drei Ebenen beziehen:

  • Sie kann die Interaktionen mit einem bestimmten Touchpoint beschreiben.
  • Sie kann einen Anwendungsfall über mehrere Touchpoints beschreiben.
  • Sie kann den Verlauf der Kundenbeziehung oder Mitarbeiterbeziehung beschreiben.

Es ist sinnvoll, den Weg vor und nach dem zu optimierenden Ablauf mit einzubeziehen. In unserem Beispiel könnten also auch die Erfassung der Projekte, bevor die Mitarbeitenden ihre Zeiten buchen, und die Rechnungsstellung, die nach der Leistungserfassung folgt, beschrieben werden.

Während in Proto-Personas die angenommenen Herausforderungen und Erwartungen aus Sicht unterschiedlicher Nutzergruppen beschrieben werden, helfen Proto-Journeys, Handlungen in ihren zeitlichen Abläufen zu ordnen. Proto-Journeys richten die Aufmerksamkeit in der Nutzerforschung auf Ereignisse, auf ihre Sequenz, Häufigkeit und Variation der Abläufe.

Proto-Journeys stellen, wie Proto-Personas, lediglich Annahmen dar, die im Verlauf der Nutzerforschung validiert werden. Die durch Proto-Journeys geschaffene Prozessperspektive hilft dabei, unsere Annahmen zu vervollständigen und das Team auf die nachfolgende Research-Phase vorzubereiten. Die Annahmen zu Problemen helfen zudem bei der Ausformulierung eines Frageleitfadens für die Nutzerforschung.

Ergebnis

Eine Proto-Journey besteht aus folgenden Elementen:

Persona

Eine Journey oder ein Abschnitt einer Journey beschreibt den Weg einer Nutzergruppe. Obwohl wir bei den beobachteten Nutzenden individuelle Unterschiede feststellen, fassen wir die Beobachtungen pro Persona in einer gemeinsamen Journey zusammen.

Schritte und Teilschritte

Um den Ablauf darzustellen, zerlegen wir ihn in einzelne Schritte. Man kann sich einen Ablauf wie einen großen Kuchen vorstellen, den wir in kleinere Stücke schneiden. Wenn wir die aktuelle Lösung verbessern wollen, müssen wir genauer hinschauen und die einzelnen Teilschritte beschreiben. Doch wann zerlegen wir den Ablauf nicht mehr weiter?

Der Ablauf soll nicht das User Interface selbst beschreiben. In diesem Fall ist es effizienter, Screenshots zum Ablauf hinzuzufügen.

Der Ablauf beschreibt vielmehr die Aufgaben, die mit dem User Interface durchgeführt werden. Im vorliegenden Beispiel sind das:

  • Überprüfen, ab wann Leistungen fehlen
  • Erfassen der neuen Leistungen
  • Überprüfen der neuen Leistungen und ihrer Auswirkungen

Wir beschreiben auch keine Daten - also nicht: Die Nutzenden erfassen ein Projekt, das Datum der Leistungserbringung, die Dauer der Leistung und eine Beschreibung der Leistung. Die Struktur der Daten und ihre Verknüpfungen beschreiben wir wesentlich übersichtlicher mit einem Domänenmodell.

Die Journey beschreibt die Abfolge von Aufgaben, die wir in Schritte und Teilschritte unterteilen. Doch welche Teilschritte fassen wir in einem Schritt zusammen?

Eine gute Heuristik für die Definition von Schritten besteht darin, dass Schritte als ununterbrochene Aktivitäten betrachtet werden.

Eine Journey soll so beschrieben werden, dass der Ablauf nach einem Schritt unterbrochen werden kann - jedoch nicht innerhalb eines Schrittes.

Nutzerziele

Ziele beschreiben den gewünschten Outcome, den eine Nutzerin oder ein Nutzer erreichen möchte. Sie beschreiben den Zustand, der nach der Interaktion mit dem System eintreten soll.

Es ist sinnvoll, diese Nutzerziele für jeden Schritt zu beschreiben. Zum Beispiel wollen Projektleiter sicherstellen, dass Projektmitarbeitende ihre Leistungen erfassen können.

Die Erkennung von Zielen ist sehr wichtig: Sie zeigen, was die Nutzenden eigentlich erreichen wollen. Damit wird auch deutlich, ob die Ziele durch die aktuelle Lösung wirklich unterstützt werden.

In der aktuellen Lösung können Projektleiter zum Beispiel nicht überprüfen, ob die Mitarbeitenden ihre Leistungen erfassen können. Durch die Suche nach den Zielsetzungen der Nutzenden wird dieser Umstand aufgedeckt.

Kontext

Der Kontext beschreibt das Umfeld, in dem Aufgaben zur Zielerreichung ausgeführt werden. Dazu gehören Angaben zu Platzverhältnissen, Lärm, Temperatur, Netzverbindung, vorhandene Hilfsmittel sowie Hinweise zu Mengengerüsten wie Häufigkeit der Nutzung oder Unterbrechungen bei der Nutzung.

Eine solche Kontextbeschreibung könnte Folgendes enthalten: Eine Mitarbeiterin erfasst ihre Leistungen nach einem Kundenmeeting auf dem Handy im Zug. Die Verbindung wird oft unterbrochen. Es ist eng und die Mitarbeiterin steht. Sie erfasst zweimal täglich ihre Leistungen.

Für die Gestaltung von User Interfaces ist es auch relevant zu wissen, wie oft und in welcher Kadenz ein bestimmter Ablauf durchgeführt wird. Ein Projekt wird ein paar wenige Male pro Jahr erfasst, eine Leistung mehrere Male pro Tag. Meist ist es ausreichend Mengengerüste je Schritt zu beschreiben.

User Needs

User Needs beschreiben die spezifischen Voraussetzungen oder Bedingungen, die erfüllt werden müssen, damit die Nutzenden ihre Aufgaben erfolgreich in dem gegebenen Kontext durchführen und somit ihre Ziele erreichen können.

Betrachten wir erneut eine Projektleiterin. Damit sie ein Projekt mit seinen Projektphasen erfassen kann, muss vorgängig eine Projektplanung gemacht worden sein und es muss klar sein, wer bei dem Projekt mitarbeiten wird. Sonst fehlen ihr die notwendigen Angaben.

User Needs - oder sogenannte Erfordernisse von Nutzenden - sind unabhängig von der Lösung. Sie formulieren Anforderungen, die sich aus dem Kontext ergeben.

Positive Erfahrungen

Positive Erfahrungen geben Hinweise auf gut erfüllte Erfordernisse und Aspekte, die in einer neuen Lösung beibehalten werden sollen.

Negative Erfahrungen

Negative Erfahrungen geben Hinweise auf nicht erfüllte Erfordernisse und bieten generell wichtige Anhaltspunkte zu möglichen Chancen.

Vorgehen

Eine Proto-Journey wird vor der User Research erstellt. Sie stellt also eine Annahme dar. Die Proto-Journey hilft uns, die User Research fundiert vorzubereiten. Sie versetzt uns in die Lage, die richtigen Fragen zu stellen und das Beobachtete einzuordnen. Um sie zu erarbeiten, gehen wir wie folgt vor:

1

Vorbereitung

Bei der Vorbereitung des Workshops definieren wir das Ziel des Workshops und identifizieren die relevanten Teilnehmerinnen und Teilnehmer. In diesem Workshop werden die Prozesse sehr detailliert betrachtet. Daher sollten Mitarbeitende einbezogen werden, die regelmäßig mit Nutzer:innen in Kontakt stehen und entsprechendes Domänenwissen haben (Produktmanagement, Product Owner, Domain-Experten).

Für den Workshop ist es zudem hilfreich, wenn sich die Teilnehmenden bereits im Vorfeld Gedanken machen können. Daher sollten Ziel und Inhalt des Workshops möglichst früh bekannt gegeben werden.

Für den Workshop planen wir genügend Zeit ein. Die Dauer hängt sehr vom Umfang der betrachteten Abläufe ab. Je nachdem muss mit einer Workshop-Dauer von einem halben bis mehreren Tagen gerechnet werden. Als Vorbereitung benötigen wir einen Ablaufplan mit entsprechenden Zeitangaben. Dabei ist es wichtig, auf ausreichende Pausen zu achten.

Falls der Workshop nicht online durchgeführt wird, sind Stifte und Post-it-Karten notwendig. Zudem benötigen wir einen großen Raum mit vielen Stellwänden, an die wir die Post-its hängen können.

2

Projekt vorstellen

Wir geben den Teilnehmenden nochmals einen Überblick über das aktuelle Projekt. Anhand des Proto-Problem Statements erläutern wir die Ziele und Randbedingungen des Vorhabens. Wir stellen auch die bisher erarbeiteten Proto-Personas vor.

3

Methode und Vorgehen im Workshop vorstellen

Wir erklären den Teilnehmenden den Zweck und die Bedeutung von Proto-Journeys. Wir geben ihnen einen Überblick über das Konzept und erklären, wie Proto-Journeys zur Verbesserung der Benutzerorientierung beitragen können.

4

Proto-Journeys sammeln, auswählen und Gruppen bilden

Wir identifizieren in Frage kommende User Journeys und legen fest, welche wir in diesem Workshop erarbeiten wollen. Dann bilden wir Kleingruppen von 2-3 Personen, welche je eine Journey bearbeiten.

5

Proto-Journeys in Kleingruppen erarbeiten

In den Kleingruppen werden die Journeys nun erarbeitet. Zunächst werden die einzelnen Schritte und Teilschritte identifiziert. Danach werden weitere Attribute wie Ziele, Kontext, Erfordernisse, positive und negative Erfahrungen gesammelt.

6

Erarbeitete Proto-Journeys im Plenum vorstellen

Die Proto-Journeys werden nun im Plenum vorgestellt. Die Teilnehmenden machen sich während der Vorstellung Notizen - am besten in dem sie direkt Karten vorbereiten. Während der Präsentation dürfen auch Fragen gestellt werden - die Teilnehmenden sollten sich aber zurückhalten mit Feedback und zunächst nur bei Unklarheiten fragen.

7

Feedback geben

Nun geben die Teilnehmenden ausführlich Feedback. Dazu heften sie Karten mit ihren Feedbacks an die Wand und erläutern ihre Punkte. Die einzelnen Gruppen dürfen nachfragen, aber nicht verteidigen.

8

In Kleingruppen Proto-Journeys Feedback einarbeiten

Die Kleingruppen kommen nochmals zusammen und überarbeiten ihre Lösung unter Berücksichtigung des Feedbacks.

9

Abschluss

Die angepassten Lösungen werden nochmals allen zur Verfügung gestellt. Wir bedanken uns für den erfolgreichen Workshop und stellen das weitere Vorgehen vor.

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