Research

Untersuchungsleitfaden

Ein Untersuchungsleitfaden operationalisiert die Forschungsfragen. Er kann als eine Art Checkliste für die Durchführung von Interviews oder Beobachtungen verstanden werden. Die darin enthaltenen Vorgaben helfen, die Vergleichbarkeit von Untersuchungen sicherzustellen.

Format:
Workshop
Teilnehmer:
UX Mitarbeiter, Projektleitung, Product Owner
Dauer:
1-4 Stunden

Arbeitsmodus

Workshop

Voraussetzung

Forschungsplanung vorhanden

Teilnehmende

Kernteam aus Product Owner, Fachspezialist, UX Designer, Entwicklungsleiter

Dauer

Ein Untersuchungsleitfaden ist ein wichtiges Hilfsmittel zur Durchführung von semi-strukturierten Interviews oder Beobachtungen. Er enthält konkrete Interviewfragen oder Punkte, auf die bei einer Beobachtung oder bei einem Interview geachtet werden soll und konkretisiert damit die Forschungsplanung. Die Erstellung eines Untersuchungsleitfadens geschieht daher im Anschluss an die Forschungsplanung.

Ergebnis

Ein Untersuchungsleitfaden besteht aus folgenden Elementen.

Einführung

In einigen Fällen werden Interviews oder Beobachtungen nicht nur vom Team selbst durchgeführt. Da ist es Hilfreich Hintergrundinformationen zur Studie mitzugeben. Dazu gehören die Ziele der Studie und ein Überblick über die Methodik und den Forschungsprozess. Darüber hinaus werden Angaben zur Auswahl und Rekrutierung von den Teilnehmenden gegeben.

Fragen und Themen

Der Untersuchungsleitfaden enthält eine Liste von Fragen oder Themen, auf die bei der Befragung oder Beobachtung geachtet werden sollen. Die Fragen sind übersichtlich in Themenbereiche gruppiert. Es ist hilfreich neben den wichtigsten Fragen pro Thema Zusatzfragen zu formulieren, die gestellt werden können, wenn zusätzlich Zeit bleibt.

Bei der Formulierung der Fragen achten wir auf ein paar wichtige Punkte.

  • Fragen genügend operationalisieren: Nehmen wir an, wir fragen: »Welche Aspekte finden Sie bei der Applikation nicht benutzerfreundlich?« Was bedeutet genau benutzerfreundlich? Benutzerfreundlichkeit als Konzept müsste weiter operationalisiert werden, damit sichergestellt ist, dass Fragende und Befragte jeweils das gleiche darunter verstehen.
  • Fragen wir besser nach dem Verhalten anstatt nach Meinungen: Knüpfen wir an obiges Beispiel an. Besser wäre es ohnehin, nach dem tatsächlichen Verhalten anstatt nach seiner Meinung zu fragen: »Wann haben Sie zum letzten Mal in der Onlinehilfe nachgeschaut — oder Kolleginnen und Kollegen um Hilfe gebeten?«. Damit erhalten wir objektivere Hinweise zu Nutzungsproblemen.
  • Keine Synthese verlangen: Befragte sollten nicht aufgefordert werden, spontan zusammenfassende Aussagen zu statistischen Kenngrößen zu machen oder schlussfolgernde Aussagen zu treffen. Dies würde eine Synthese-Leistung verlangen. Wir fragen also nicht: »Wie viele Leistungen erfassen Sie durchschnittlich pro Tag?« oder: »Was wäre aus Ihrer Sicht die wichtigste Verbesserung?«, sondern: »Wie viele Leistungen haben Sie heute erfasst? Ist dies ein typischer Tag?« oder: »Traten eben bei der Erfassung Schwierigkeiten auf? An welcher Stelle passierte dies?«.
  • Mit Gedächtnisfehlern rechnen: Unangemessen sind Fragen, die nur mit einem unfehlbaren Erinnerungsvermögen beantwortet werden können. Beispiele solcher Fragen sind: »Wie viele Leistungen haben Sie in dieser Woche genau erfasst?« Es dürfte kaum realistisch sein, dass sich eine Person tatsächlich präzise gemerkt hat, wie viele Leistungen sie über einen Zeitraum von fünf Tagen genau protokolliert hat. Auf die Frage: »Wie viele Leistungen haben Sie heute erfasst?« dürfen wir hingegen schon eher eine der Realität entsprechende Antwort erwarten.
  • Keine hypothetischen Fragen stellen: Riskant sind auch hypothetische Fragen. Die Frage: »Würden Sie es schätzen, Vorlagen für Zeiteinträge verwenden zu können?« generiert bei Nutzer:innen, je nach Erfahrung, schnell sehr unterschiedliche Vorstellungen zu einer potenziellen Lösung, die auf Vorlagen basiert. Ihre Antwort stützt sich dann auf eine uns nicht bekannte, vage Vorstellung und ist daher wenig aussagekräftig. Es ist besser, konkrete Lösungsvorschläge in Form von Prototypen zu zeigen — aber auch dann haben wir nur eine Aussage darüber, ob Nutzer:innen annehmen, dass sie diese Lösung verwenden würden.
  • Vom Generellen ins Spezifische Fragen: Um die befragte Person bei ihren Antworten und Einschätzungen nicht zu beeinflussen, sollten zuerst generelle und erst dann spezifische Fragen gestellt werden.
  • Offene Fragen stellen: Meistens ist es sinnvoll, offene Fragen zu stellen, die es der befragten Person ermöglichen, einen Sachverhalt aus ihrer Sicht zu beschreiben und die Punkte zu erwähnen, die ihr wichtig sind. Wir könnten beispielsweise fragen: "Wie haben Sie diese Aufgabe erlebt?" Diese Frage animiert die befragte Person, ihre Wahrnehmungen in eigenen Worten zu fassen und auszuführen.

Aufgaben und Szenarien

Weiterhin werden Beschreibungen von Aufgaben oder Szenarien gegeben, die den Teilnehmern vorgelegt werden sollen, um bestimmte Aspekte zu erforschen oder zu testen.

Beobachtungsanweisungen

Im Leitfaden werden auch detaillierte Anweisungen zur Beobachtung und Aufzeichnung während der Studie gegeben.

Protokoll und Dokumentation

Zuletzt gibt es im Leitfaden umfangreiche Anweisungen zur Aufzeichnung von Daten, Notizen und anderen relevanten Informationen während oder nach der Studie. Hierbei wird auf die Wichtigkeit von genauer Dokumentation geachtet, um die Ergebnisse der Studie nachvollziehbar zu machen und mögliche Fehlerquellen zu identifizieren.

Vorgehen

Für die Erstellung eines Leitfadens gehen wir wie folgt vor:

1

Voraussetzung

Zunächst werden im Forschungsplan die Forschungsfragen, die Erhebungsmethoden und die Samples festgelegt. Auf dieser Grundlage können wir die Fragen und Themen sammeln, die wir in unserem Leitfaden abdecken möchten.

2

Fragen sammeln

Wir sammeln mit Hilfe von Proto-Artefakten und Annahmen eine Liste von Fragen und Themen, die wir in unserem Leitfaden abdecken möchten.

3

Leitfaden organisieren

Wir strukturieren den Leitfaden logisch und nachvollziehbar, indem wir zunächst die Fragen in Themenbereiche unterteilen und dann die Fragen und Themen entsprechend der Reihenfolge anordnen, in der wir sie während der Forschung behandeln möchten.

4

Leitfaden testen

Wir überprüfen den Leitfaden auf Verständlichkeit und Klarheit, indem wir Testdurchläufe durchführen, um sicherzustellen, dass die Fragen und Aufgaben angemessen sind und die gewünschten Informationen liefern. Wir überprüfen auch, ob der Leitfaden flexibel genug ist, um mögliche Änderungen oder Anpassungen zu berücksichtigen.

5

Forschungsteam schulen

Wir stellen sicher, dass das Forschungsteam den Leitfaden und die Forschungsmethoden versteht. Wir geben ihnen Anweisungen zur Durchführung der Studie und klären eventuelle Fragen.

6

Erkenntnisse einarbeiten

Wir halten den Leitfaden flexibel und passen ihn gegebenenfalls an, wenn sich neue Erkenntnisse oder Anforderungen ergeben.

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